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Vorwort

Basis für künftige züchterische Fortschritte

Die Vielfalt der landwirtschaftlichen Nutztierrassen (NTR) entstand während jahrtausendelanger kontinuierlicher Domestikations- und Selektionsprozesse. Daher stellen die landwirtschaftlichen NTR ein fast unerschöpfliches genetisches Potential dar, weil das Entwicklungsumfeld (Standort, Region) und bewusste oder unbewusste Selektion durch den Menschen die Ausprägung verschiedener gezielter oder teilweise auch zufällig entstandener Genotypen begünstigt hat. Diese verschiedenartige Ausprägung (Variation) der Genotypen wird als genetische Vielfalt bezeichnet und ist bei Nutztieren im Vergleich zu Wildtieren sehr gut ausgeprägt. Sie stellt die Grundlage für die Umwelteignung, Klimaverträglichkeit, Krankheitsresistenz, Fitness und Fruchtbarkeit sowie für die qualitative und quantitative Leistungsbereitschaft der Rassen dar.

Der ständig anhaltende Druck, möglichst viele und vor allem kostengünstige tierische Nahrungsmittel auf den Markt bringen zu müssen, hat besonders leistungsfähige Rassen begünstigt, die auf Grund konsequenter Selektion und unter Anwendung züchterischer Biotechniken noch "wirtschaftlicher" gemacht worden sind.

Die Erhaltung gefährdeter NTR gewinnt somit immer mehr an Bedeutung und besitzt einen hohen Stellenwert in der Landwirtschaft selbst, in der Medienwelt sowie große Akzeptanz in politischen Kreisen und in der gesamten Bevölkerung. Es ist daher eine besondere Aufgabe des Staates und der Landwirtschaft, gefährdete NTR und ihre über lange Zeiträume evolutionär und züchterisch entstandene genetische Vielfalt zu erhalten.

Diese modernen Rassen verdrängen bzw. gefährden den Bestand gegenwärtig weniger wirtschaftlicher alter Rassen und sind im Allgemeinen verantwortlich für den Rückgang der ursprünglich großen Rassenvielfalt und im Besonderen für den Verlust an genetischer Vielfalt.

 

Diese Rassen sind Kulturgut und gleichzeitig Rückhalt und Basis für künftige züchterische Fortschritte.

Obmann ÖNGENE
Prof. Dr. Johann Sölkner

Geschäftsführer ÖNGENE (bis 1.12.2011)
Dr. Franz Fischleitner

Orig. Braunviehkuh PERLE
Gründung

1. Juli 1982

Vor ca. 40 Jahren wurden erste Erklärungen von Wissenschaftern und Tierzuchtvereinigungen über die hohe Rate genetischer Erosion, also über den zahlenmäßigen Untergang von Nutztierrassen und den Verlust an genetischer Vielfalt abgegeben. Auch die FAO hat 1975 eine Pilotstudie zu dieser Thematik angeregt und 1979 einen ersten Bericht unter Beteiligung von 38 Staaten über die Abnahme der Rassenvielfalt und Aktivitäten zur Bewahrung tiergenetischer Ressourcen veröffentlicht.

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gab 1981 eine Studie in Auftrag, welche Maßnahmen notwendig sind, um einzelne Rassen in ihrem Bestand zu sichern.

Die Ergebnisse dieser Studie führten am 1. Juli 1982 im Parlamentsgebäude in Wien zur Gründung der ÖNGENE (Österreichische Nationalvereinigung für Genreserven).

Es wurde damit ein Verein zum Schutze und zur Bewahrung der Erbanlagen heimischer gefährdeter landwirtschaftlicher Nutztierrassen geschaffen, der gleichzeitig auch als wissenschaftliche Plattform für die Erarbeitung aktueller Zuchtstrategien anerkannt ist, die der Erreichung dieser Ziele dienen.

Aufgaben

Folgende Aufgaben wurden sofort nach der Gründung wahrgenommen

1. Bestandsaufnahmen gefährdeter Nutztierrassen in Österreich unter

  • Prüfung der Erhaltungswürdigkeit
  • Umwelt- und Standortanpassung
  • genetisch bedingte wirtschaftliche Vorzüge
  • ökologische, historische und kulturelle Bedeutung

2. Maßnahmen zur Erhaltung der gefährdeten Rassen

  • Sofortmaßnahmen zur Rettung aussterbender hochgefährdeter Rassen
  • Erhaltungsmaßnahmen im privaten Bereich (Sonderprogramm für Bergbauern, Zoologische Gärten, Wildparks)
  • Erhaltungsmaßnahmen im öffentlichen Bereich (Bundesanstalten, Landwirtschaftsschulen, Forschungsbetriebe, Nationalparks)
  • Ex-situ-Erhaltung mittels moderner Technologien (KB,ET)
  • Aufbau Genbank

3. Aufnahme von Forschungsprojekten

  • zum Studium der genetischen Eigenständigkeit und genetisch bedingter Charakteristika wie Adaptationsfähigkeit an bestimmte Umweltbedingungen und Resistenzeigenschaften bei seltenen Nutztierrassen.

4. Umfassende Öffentlichkeitsinformation

  • über ökonomische, ethische, ästhetische und genetische Bedeutung von Nutztierrassen sowie über den Wert und Notwendigkeit ihrer nachhaltigen Nutzung.

Die finanziellen Mittel für ihre Aufgaben erhält die ÖNGENE als bundesländerübergreifende Organisation aus Mitgliedsbeiträgen und Fördermittel des Bundes und der Länder.

1982 - 1995

Erste Schritte zur Generhaltung

Sofort nach der Gründungen hat die ÖNGENE  Aktivitäten zum Erhalt vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen gesetzt, einen Rassenkatalog erstellt und Bestandsaufnahmen durchgeführt. Teilweise wurden Basisherden bzw. Restbestände aufgekauft und unter wissenschaftlicher Aufsicht Nucleusherden gezüchtet und erste Tiefgefrier-Genbanken angelegt. Der Großteil an Einzeltieren gefährdeter Nutztierrassen  verblieb im Eigentum privater interessierter Halter. Die Zucht erfolgte unter Aufsicht der ÖNGENE nach vorgegebenen Anpaarungsprogrammen.

Es wurden genetische Marker erfasst und katalogisiert. Genetisch möglichst unverwandte Tiere mit hohem Heterozygotiegrad wurden als Paarungspartner zum Erhalt der genetischen Vielfalt vorgeschrieben (Heterozygotieprogramm), nachdem die Pedigrees vieler Zuchttiere damals noch unvollständig oder nicht bekannt waren. Der Verdienstentgang bzw. Mehraufwand wurde den Tierhaltern über öffentliche Fördermittel abgegolten. Das Heterozygotieprogramm war bis zum EU-Beitritt das wichtigste Anpaarungsinstrument, um die negativen Auswirkungen von Inzucht und Zufallsdrift auf die genetische Vielfalt zu minimieren.

Nach 10 Jahren Tätigkeit war es der ÖNGENE gelungen, die Populationen seltener gefährdeter Nutztierrassen  zu erfassen, eine Rassenliste aufzustellen, Genreserveherden aufzubauen und vor allem bei den gefährdeten Rinderrassen Zuchtprogramme zu verwirklichen, die sowohl den Erhalt der Rasse als auch ansatzweise ihre genetische Vielfalt sicherstellten.

Identische Zwillige nach Embryonensplittung (rote Tuxer mit Braunviehamme) - eine biotechnische Maßnahme zur Generhaltung
1995 - 2005

EU-Beitritt und ÖPUL-Programm

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995 wurde der Erhalt gefährdeter NTR an das Österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL) gebunden.

Im Rahmen dieses ÖPUL 95-Programmes wurde die Förderung der Haltung gefährdeter landwirtschaftlicher NTR neu festgeschrieben und die Erhaltungsmaßnahmen von der ÖNGENE gemeinsam mit dem BMLFUW überarbeitet.   Landwirte, die sich zur Zucht und Haltung gefährdeter Rassen entschieden haben, konnten am Erhaltungszuchtprogramm mit folgenden Auflagen, die finanziell abgegolten wurden, teilnehmen:

  • Die Tiere mußten reinrassig sein und in der Rassenliste für gefährdete NTR enthalten sein.
  • Es mußte ein Herdebuch bzw. Tierregister durch eine von einer Landwirtschaftskammer anerkannten Zuchtorganisation geführt werden.
  • Die Zuchtorganisation hatte die Reinrassigkeit der Zuchttiere zu bestätigen.
  • Die Anpaarung war nur mit einem reinrassigen Vatertier derselben Rasse erlaubt.
  • Bei den Rinderrassen waren die Anpaarungsempfehlungen entsprechend dem Heterozygotieprogramm wie bisher zu berücksichtigen. Sie galten als Voraussetzung für die Zuerkennung von Fördermittel.

Über 3500 Betriebe nahmen am ÖPUL 95-Programm zur Erhaltung gefährdeter Rinderrassen teil und etwa 1,6 Mill. Euro wurden pro Jahr an gezielten Fördermittel zur Erhaltung gefährdeter NTR ausbezahlt.

Die zahlenmäßige Stabilisierung bzw. Vermehrung der Populationen gefährdeter NTR konnte mit den Erhaltungsmaßnahmen im ÖPUL 95 zufriedenstellend verwirklicht werden. Trotzdem gab es keine ausreichende Kontrolle über populationsgenetische Parameter für kleine Zuchtherden wie Inzuchtgrad, Inzuchtzunahme, effektive Populationsgrösse, d.h. den tatsächlich breiten, gleichmäßigen Einsatz der Vatertiere.

Diese Parameter sind ein wichtiger Maßstab für die Erhaltung der genetischen Vielfalt und notwendig für den nachhaltigen Bestand einer gefährdeten Rasse. Außerdem war die Erhaltungstätigkeit großteils auf einzelne Bundesländer beschränkt, die entsprechend den Landestierzuchtgesetzen Erhaltungszucht betrieben. Bundesländerübergreifend, d.h. österreichweit einheitlich, konnten kaum Erhaltungsmaßnahmen wahrgenommen werden.

Es wurden daher weitere umfangreiche züchterische Maßnahmen von der ÖNGENE ausgearbeitet, im "Generhaltungsprogramm 2000"  zusammengestellt und vom BMLFUW genehmigt.  

Vorstand

Obmann
Univ.Prof.Dr. Johann Sölkner

Institut für Nutztierwissenschaften der Universität für Bodenkultur, Wien

Tierzuchtdirektoren der Landwirtschaftskammern:

  • Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten
  • Niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer
  • Landwirtschaftskammer für Oberösterreich
  • Landwirtschaftskammer für Steiermark
  • Landes-Landwirtschaftskammer für Tirol
  • Landwirtschaftskammer für Vorarlberg

Obmann-Stellvertreter
Tierzuchtdir. Ing. Bruno Deutinger

Landwirtschaftskammer Salzburg

  • Institut für Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien

  • Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein (HBLFA), Institut für biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere
     

 

  • Geschäftsführerin: Dipl.Tzt. Beate Berger, Institut für biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere, Wels

ÖNGENE | Austraße 10, 4601 Wels, Austria | Telefon: 07242/47011 | Fax: 07242/4701115 | EMail: info [at] oengene.at | Web: www.oengene.at

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